Tiertransporte: Zahnlose Gesetzesnovelle - Thomas Waitz
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Tiertransporte: Zahnlose Gesetzesnovelle

Nach vielen Jahren politischen Druck von Seiten der Zivilgesellschaft und den Grünen im Europäischen Parlament hat die EU Kommission im Dezember 2023 endlich einen Vorschlag für ein neues EU-Tiertransportgesetz vorgelegt. Das Tierwohl steht dabei leider immer noch nicht an oberster Stelle.

Hintergrund

Jährlich werden in der EU Millionen von Tieren lebend transportiert. Entweder von einem Mitgliedsstaat in einen anderen oder von der EU in Drittstaaten. 2019 waren es laut „Eurogroup for Animals“ 1.6 Milliarden Tiere.1 Aktivist*innen und NGOs haben dabei regelmäßig Verstöße gegen die EU-Tiertransportverordnung aus 2005 festgestellt. In den Jahren 2007 bis 2020 erhielt die Kommission etwa 200 Berichte über Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005.2

Auf Druck der Grünen konnte 2021 im Europäischen Parlament endlich ein U-Ausschuss zu Tiertransporten eingesetzt werden.3 Dieser kam zum einen zum Ergebnis, dass die bisher gültige Tiertransport-Verordnung nicht mehr zeitgemäß ist und es außerdem an der Durchsetzung mangelt. Die Bestimmungen in der Verordnung entsprechen nicht den neuesten wissenschaftlichen Ergebnissen und systematische Verstöße gegen die Tiertransport-Verordnung stehen auf der Tagesordnung. Eine detaillierte Analyse der Ergebnisse gibt es hier.

Gesetzesnovelle

Im Dezember 2023 hat die EU-Kommission endlich einen Vorschlag für ein neues EU-Tiertransportgesetz vorgelegt.  Der Vorschlag sieht zwar kürzere Maximaltransportzeiten, mehr Platz für Tiere beim Transport und ein Transportverbot für Kälber unter fünf Wochen vor, zeigt aber sonst sehr wenig Ambition. So soll es beispielsweise weiterhin keine Maximaltransportzeiten beim Transport auf dem Schiff geben und auch der Export in Drittstaaten wird kaum eingeschränkt.

Leider verweigert die Europäische Volkspartei seit der Veröffentlichung des Vorschlags im Dezember die Arbeit an dieser Gesetzesnovelle, wodurch Verhandlungen erst im kommenden Mandat stattfinden können. Sobald das neue Parlament konstituiert ist, werde ich als Schattenberichterstatter für die Grüne Partei darauf drängen, die Verhandlungen im Europäischen Parlament zu diesem wichtigen Thema aufzunehmen. Ob und wie sehr wir Tierqualen auf Lebentiertransporten in Zukunft verhindern werden können, wird also auch maßgeblich vom Ergebnis dieser Europawahl abhängen.

  1. Eurogroup for Animals, Live Animal Transport: Time to Change the Rules. White Paper on the Revision of Council Regulation (EC) 1/2005 (2012) 8. ↩︎
  2. AWF|TSB, Evidence of serious and systematic infringements of Regulation (EC) No 1/2005 (2011-2020) (2020) 2. ↩︎
  3. Beschluss des Europäischen Parlaments vom 19. Juni 2020 über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht und Missständen bei dessen Anwendung im Zusammenhang mit dem Schutz von Tieren beim Transport innerhalb und außerhalb der Union sowie über seine Zuständigkeiten, seine zahlenmäßige Zusammensetzung und seine Mandatszeit (2020/2690(RSO)) §2. ↩︎